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AutorenbildStefanie

#1 Virginia Woolf

Eine antiquarische Schreibmaschine

Diese Essays begannen mitten in der Corona Zeit als Teil meiner Therapie. Mir geht es seitdem viel besser, ich habe Yoga mit Stefanie (kurz YMS) gegründet und gebe jetzt mein Wissen weiter. Nicht nur über Yoga, sondern auch wie ich es aus meiner großen Krise geschafft habe. Diese Essays begannen als Newsletter, die ich wöchentlich verschickt habe. Irgendwann war Corona vorbei und ich habe aufgehört die wöchentlichen Briefe zu verschicken. Was geblieben ist, ist die Lust am Lesen, Schreiben, Denken, Einordnen, Kombinieren. Und da dachte ich, ich werde diese Newsletter jetzt als Essays auf dem YMS-Blog veröffentlichen. Wenn du damals vielleicht schon zu dem erlesenen Kreis gehörtest, der diesen Newsletter bekommen hat, sind die ersten 10 Essays vielleicht eine Wiederholung. Aber auf der anderen Seite ist es vielleicht auch schön, vielmehr interessant wie sich dein Blickwinkel geändert hat in den zwei Jahren. Wenn du jetzt erst neu auf diese Seite gekommen bist, dann noch viel mehr Spaß beim Lesen.

 

Um es ganz reduziert zu sagen, meine Therapeutin deutete an, es sei wichtig - und das betrifft uns wohl alle - sich seinen Ängsten zu stellen und sich aus seinem gemütlichen Nest zu befreien. Also gab sie mir die Aufgabe, einen wöchentlichen Newsletter zu erstellen, in dem ich darüber schreibe, womit ich mich diese Woche gedanklich befasst habe. Die Idee hinter diesem wöchentlichen Brief war, dass wir in einen Austausch kommen, Neues erfahren, den eigenen Horizont erweitern. Ich habe mit einer Freundin oft darüber geredet, wie inspirierend es sein könnte, wenn man sich regelmäßig treffen würde und einen kurzen Vortrag für seine Freunde hält, über ein beliebiges Thema, über irgendetwas, dass für Vergnügen oder Erstaunen gesorgt hat, aus genannten Gründen der Horizonterweiterung.

Für mich war es aber zusätzlich die Aufgabe, etwas zu machen aus dem reinen Selbstzweck heraus. Es war klar, dass ich gerne lese und schreibe. Ich wollte aber immer schreiben für andere. Sicherlich auch für den Erfolg. Um sagen zu können: Ich habe ein Buch geschrieben. Damit mache ich mich aber abhängig von der Meinung anderer. Allgemein ist dann der Zweck des Schreibens der, mich an dem Lob von außen aufzubauen. Das darf das Ziel einer Unternehmung sein, egal welcher Art, keine Frage. Aber wenn wir ehrlich mit uns sind, dass hält nie an. Etwas zu machen für das Außen, bringt dir nur kurz Ruhe.

Die Idee der Therapie war also, etwas zu tun allein, weil es mir Freude macht. Oder Ruhe in meinen Geist bringt. Was danach passiert, darf alles sein. Natürlich freue ich mich über Reaktionen über alles, was ich mache. Aber in diesem Fall ging es nur darum, etwas für mich zu tun. Am Ende wohl, um meinen eigenen Wert zu erkennen und auch schätzen zu lernen.

 

Diese Essayreihe beginnt mit dem Thema, wie es der Titel erahnen lässt, Virgina Woolf. Mit dem Plan mich mehr mit klassischer Literatur zu beschäftigen, trieb es mich in einen Buchladen. Ich streifte umher, konnte mich schlecht entscheiden, ob ich mich nun mit den Russen beschäftige, das Decameron nochmal näher betrachte, da es damals so gut in die Zeit der Pandemie passt, oder oder oder. Die Wahl fiel auf Virginia Woolfs „Ein Zimmer für sich allein“. Auf dem Nachhauseweg habe ich über das Buch nachgedacht und mich an eine Szene des Films „The Hours“ erinnert. Es ist die Anfangsszene, in der Virginia Woolf ihre Manteltaschen mit Steinen fühlt, in einen Fluss steigt und sich umbringt. Die Geschichte ihres Suizids ist allgemein bekannt, denke ich. Ich wollte dennoch herausfinden, wie viel der Film tatsächlich mit der Biografie Virginia Woolfs zu hat. Ich erinnerte mich kaum noch an den Film, wusste nur noch, dass er mir gefallen hat. Ich kann mich aber auch noch an das sichere Gefühl erinnern, dass mir eine Metaebene des Films verborgen blieb. Am Ende dachte ich noch an den Titel eines Theaterstücks „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“. Wie viel Woolf steckt in diesem Stück?

 

Buch Cover von der Autorin Virginia Woolf. Stylisierte Hände mit lackierten Fingernägeln sind zu Fäusten erhoben.

Um den Rahmen hier hier nicht zu sprengen, gebe ich hier keine Zusammenfassung des Buches. Aber so viel, das Essay ist eine Zusammenstellung zweier Vorträge, die Woolf 1928 in Cambridge vortrug. Genauer am Girton und Newnham College, Institutionen von Cambridge, die für das Studium von Frauen bestimmt waren. Sie wurde gebeten, über das Thema „Frauen und Literatur“ zu referieren. Woolf stellt jedoch gleich am Anfang des Buches (Vortrages) klar: „Ich habe mich vor der Aufgabe, in diesen beiden Fragen zu einem Schluss zu kommen, gedrückt - Frauen und Literatur bleiben, was mich betrifft, ungelöste Probleme“ (S. 6).  Diese Nonchalance hat mich so fasziniert, dass ich die Lektüre nicht aus der Hand gelegt und an einem Tag durchgelesen habe.


Die These des Essays ist auch gleich zu Beginn, einfach wie klar, formuliert: „Eine Frau braucht Geld und ein eigenes Zimmer, um schreiben zu können“. Will heißen, Frauen sollen sich geistig und finanziell frei machen, um sich selbst zu verwirklichen. Es wird in dem Buch viel davon besprochen, dass Frauen keine Chancen hatten, große Literatur zu veröffentlichen, da sie nicht die gleichen Bedingungen hatten wie Männer. Untermauert wird das Beispiel an der fiktiven Schwester Shakespeares. Dadurch, dass sie keine Schulbildung genossen hätte, könne sie nicht studieren, Dadurch fehlten ihr dann am Ende die Mittel, die Weiterbildung sowie die Anerkennung, um Prosa zu verfassen, geschweige denn, zu veröffentlichen.


Fasziniert hat mich auch die Beschäftigung mit den vier großen Schriftstellerinnen des 18. Jahrhundert: Emily und Charlotte Brontë, Jane Austen sowie George Elliot. Hier wird ihre These deutlich gemacht, denn sie weist die Lebensumstände dieser auf. Dass sie eben kein eigenes Zimmer hatten, keinen Rückzugsort, denn als Frau stand ihnen dieser nicht zu. Also schrieben die Frauen im Wohnzimmer, umgeben von Kindern, Dienstbootinnen, Besuchern. Wer sich gerade, Corona bedingt, im Homeoffice befindet und versucht sich zu konzentrieren, weiß wie schwer es ist, wenn die ganze Zeit ein kleines Kindchen auf dich klettert oder deine Mitbewohnerin neben an die Musik aufreißt. Die Konzentration kommt zum Erliegen. Laut Woolf ist das übrigens auch der Grund, warum Frauen kaum Gedichte oder Dramen schrieben; „es [Prosa] verlangt weniger Konzentration“. Mir war natürlich klar, dass die Zahl der Autorinnen im 18. Jahrhundert gering war und wie privilegiert wir sind, dass wir heute divers lesen können, dass Frauen heute in den meisten Fällen ohne Probleme publizieren können, aber irgendwie hat es mich dennoch erschüttert. Es muss unglaublich viel Kraft gekostet haben unter diesen Umständen als Frau zu schreiben und zu veröffentlichen.


Zum Schluss noch ein weiterer Satz, der mich zutiefst berührt hat: Es geht um die Messbarkeit des eigenen Könnens. Es ist relativ einfach, (männliche) Erfindungen zu ermitteln und zu vergleichen, wenn es um die Erforschung der Schwerkraft geht, die Entdeckung Amerikas oder die Erfindung von Flugzeugen (S. 121 f.).  Alles kann mittels Zahlen ausgedrückt werden und ist somit vergleichbar. Aber: „Es gibt keinen Zollstock, ordentlich in einzelnen Millimeter unterteilt, den man an die Qualitäten einer guten Mutter oder die Zuwendung einer Tochter oder die Treue einer Schwester oder die Leistung einer Haushälterin anlegen könnte“. Ich denke an die vielen Gespräche mit Menschen, die dies immer noch fühlen. Die sich weniger wert fühlen, weil sie keiner messbaren und somit vergleichbaren Tätigkeit nachgehen.


Foto von zum Himmel gereckten Fäusten vor neutralem Hintergrund

Ihr Stil ist übrigens oft mit einer Prise Sarkasmus gespickt, den ich zuweilen recht amüsant fand. „Es ist interessant, was ein Schwanz für einen Unterschied bedeutet“ (S. 19). Ich bin mir sehr sicher, dass es hier nicht nur um ihre Beobachtung einer Manx-Katze geht (die Rasse zeichnet sich eben dadurch aus, dass sie keinen Schwanz hat).

Dieses Werk ist zurecht ein feministisches Manifest und erfreut sich immer noch an großer Beliebtheit. Und ich möchte diesen ersten Teil, neben einer unbedingten Leseempfehlung, mit einem Appell von Virginia Woolf beenden, den wir uns alle mehr zu Herzen nehmen sollten: „Wenn ich Sie also bitte, Geld zu verdienen und ein eigenes Zimmer für sich zu haben, bitte ich Sie mit der Wirklichkeit zu leben, ein erquickendes Leben zu führen, ob Sie es anderen vermitteln können oder nicht“ (S. 157). 

 

Ein kleiner Nachtrag an dieser Stelle: Wer sich frauenfeindliche Strukturen (im Literaturbetrieb) interessiert, dem lege ich sehr „FRAUEN LITERATUR. Abgewertet, vergessen, wiederentdeckt“ von Nicole Seifert, erschienen im KIWI Verlag, ans Herz.

 

 Wie schon eingangs erwähnte, habe ich den Film „The Hours“ vor vielen Jahren bereits gesehen. Lange ist es her, ich habe ihn, dass weiß ich noch sicher, mit meiner Mutter gesehen. Ungefähr 2004. Ich konnte mich nur noch dunkel daran erinnern, dass es am Rande um Virginia Woolf ging. Aber bei erneuten Schauen des Filmes war ich überrascht, wie sehr er zum heutigen Thema passt. Zudem hat es mir ein äußerstes Vergnügen bereitet, den Film mit einem besseren Literarturverständnis, ja, tatsächlich zu verstehen. Und da ich der Meinung bin, dass „The Hours“ eigentlich nur wirklich Spaß bereitet, wenn man all die Referenzen versteht, habe ich folgend einige für dich zusammengefasst. Ich werde nicht spoilern und da das Ende Woolfs hinreichend bekannt ist, kann ich es eigentlich auch nicht.

Eine andere Sache noch, auch auf die Gefahr hin, dass es dir zu spirituell erscheint, manchmal bin ich erstaunt, wie Dinge einfach in mein Leben treten, die ich gerade zu benötigen scheine. Es geht mir oft mit jeglicher Art von Kunst so, dass ich erst durch die Worte des Künstlers meine eigenen Gedanken leichter formulieren kann und sie aus meinem Kopf bekomme. Und manchmal hilft es mir durch Kultur einen Spiegel vorgehalten zu bekommen. In diesem Film waren erschreckend viele Parallelen zu meiner damaligen Situation, als ich diesen Essay erstmalig geschrieben habe. Also denke ich mir, der Film hat wohl damals nochmal in mein Leben kommen sollen.

Nun aber zum Film: Erzählt werden drei Geschichten von Frauen, deren einendes Element der Roman „Mrs. Dalloway“ von Virginia Woolf ist. Schon im Titel ist die erste Referenz zwischen Film und Roman. Der Arbeitstitel des Romans lautete „The Hours“, denn das Uhrenschlagen des Big Bens gibt den Takt des Romans vor.

Die erste Erzählebene ist die von Virginia Woolf. Die Szene beginnt mit ihrem Selbstmord, sprachlich begleitet von den Abschiedsworten an ihren Ehemann. Danach springt der Film zurück zu dem Tag im Jahr 1923, an dem die Idee ihres Romans „Mrs. Dalloway“ entstanden ist.

Ein weiterer Erzählstrang bildet die Geschichte von Laura Brown im Jahr 1951. Sie steht in Verbindung zum Roman, als dass sie die Leserin von „Mrs Dalloway“ ist. Der Roman dient ihr als Ideenbringer für ihren eigenen Suizid.

Als dritte Ebene fungiert die Geschichte Clarissa Vaughns, die eine Party für ihren Freund Richard plant, der am Abend einen Literaturpreis erhalten soll.  Dieser nennt sie liebevoll Mrs. Dalloway -  die Figur. Wir haben also die drei Ebenen in Form der Schriftstellerin, der Leserin und der Protagonistin.

Wir sehen alle drei Figuren am Morgen erwachen und einen einzigen Tag durchleben. Alle beginnen - schreibend, lesend, aussprechend - mit dem ersten Satz des Romans:“ Mrs. Dalloway sagte, sie wollte die Blumen selber kaufen.“ Ich habe großen Spaß an dieser Art von Filmen, die alle Elemente miteinander verbinden. Denn es untermauert meine Einstellung zum Leben, dass alles, dass WIR alle, auf eine Weise miteinander verbunden sind.

Wenngleich man dieses literarische Element filmisch schlecht nachstellen kann, soll die Art, dass man eine Figur an einem Tag in ihrem Leben begleitet, den Stil Woolfs verdeutlichen. Sie benutzte oft den  “stream of consciousness”. Im Buch verwendet, bedeutet dies, dass der/ die Schriftstellerin ausnahmslos einen Strom aus Gedanken und Erinnerung niederschreibt. Es werden keine Charakteranalysen angefertigt und es scheint, als gäbe es keine Handlung. So soll die Ambivalenz von realer und gelebter Zeit dargestellt werden. Bekannt sein dürfte dieser Stil am ehesten aus „Ulysses“ von James Joyce, in dem besagter Stil den 16. Juni 1904 aus dem Leben des Protagonisten Leopold Bloom beschreibt.

Ferner kann der Zuschauer jede Ebene auch als Geschichte für sich betrachten und analysieren, da sie alle drei auf unterschiedliche Weise unter gesellschaftlichen Konventionen leiden. Jede steht dabei in Verbindung mit dem Suizid, jede hat dabei ein Symbol, dass für ihr Problem steht und am Ende träumt jede von ihnen von Erlösung, um Glück zu finden.

Virginia Woolf leidet unter ihren schweren Depressionen und den Stimmen, die sie hört. Das Thema „Tod“ ist das ihrige. Zunächst durchlebt sie den Gedanken des Suizides durch ihre Protagonisten Mrs. Dalloway. Soll sie sterben oder nicht? Ihr Mann fragt sie, ob denn jemand sterben müsse. Als Antwort erhält er: „Someone has to die in order that the rest of us should value life more.” Er fragt weiter, wer denn sterben müsse. „The poet will die. The visionary“. Das Ende, ihr Ende, ist bekannt. Das Symbol ihrer Ebene ist ein toter Vogel, den ihre Nichte findet. Sie erkennt, meint zu sehen, wie Körper nach dem Tod immer kleiner werden. Unwichtiger.

Laura Brown leidet unter den gesellschaftlichen Konventionen eine gute Hausfrau und Mutter zu sein. Sie kann es nicht, will es nicht. Sie sehnt sich nach gleichgeschlechtlicher Liebe, wie sie es in Mrs. Dalloway lesen kann. Auch Woolf brach mit den gesellschaftlichen Konventionen. Zur Verlobung mit Leonard sagte sie, dass sie keinerlei sexuelles Interesse an ihm habe. Und so gab es, bis auf die Hochzeitsnacht, auch keinen sexuellen Austausch. Ihre Begierde wurde durch Vita Sackville-West befriedigt, mit der sie viele Jahre eine Affaire hatte. Das nur nebenbei.

 Laura Browns Unvermögen eine gute Hausfrau zu sein, manifestiert sich in dem gescheiterten Versuch einen Kuchen für ihren Mann zu backen.

Als ihre Nachbarin Kitty vorbeikommt, sieht diese das Buch und fragt nach dem Inhalt. Laura antwortet, wie ein Hilfeschrei, dass man sie und ihr Leid endlich erkennen möge: „Es geht um eine Gastgeberin, sie gibt eine Party. Sie ist ungemein selbstsicher. Und weil sie so ungemein selbstsicher ist, denke alle es geht ihr gut. Aber es geht ihr nicht gut!“

In dem Buch kann Laura nachlesen, der Zuschauer Virginia Woolf hören, wie ihr in den Sinn kommt: „Der Tod ist eine Möglichkeit.“ Der Tod ist eine Möglichkeit geht auch in Lauras Kopf umher. Sie bringt ihr Kind weg und macht sich auf den Weg, mit dem Plan ihm Gepäck, sich umzubringen. Sie entscheidet sich dagegen, soviel sei gesagt. Sie trifft allerdings eine andere folgenschwere Entscheidung.

Und da durch Laura gerade wirklich ganz gut zusammengefasst wurde, worum es in Mrs. Dalloway geht, springe ich nun zur dritten Ebene, in der wir die Protagonisten in der Modernen erleben. Clarissa Vaughn (Clarissa ist der Vorname von Mrs. Dalloway) kümmert sich liebevoll um den Aidskranken Schriftsteller, mit dem sie in Jugendjahren einmal liiert war. Heute führt sie eine Beziehung zu einer Frau. Sie kümmert sich aufopfernd um ihren Freund Richard sowie um dessen Party, so sehr, dass sie ihre eigenen Bedürfnisse und Wünsche gar nicht erkennen kann. Genau das wirft ihr Richard vor: „Oh Mrs. Dalloway, immerzu feierst du Partys, damit du die Stille nicht hörst“.

In Richard vereinen sich dann am Ende alle drei Geschichten, als eine Art vierte Ebene. Aber dafür musst du am Ende wohl diesen grandiosen Film sehen. Ich kann ihn dir sehr empfehlen, weil es nicht nur große Filmkunst ist, sondern dir auch Werk und Persona Woolf näher bringt.

Und am Ende, wenn du Lust hast, habe ich noch den traurig schönsten Abschiedsbrief für dich, den Virginia Woolf ihren Mann hinterlassen hat.  

(Wenn du dich für eine cineastische-tiefpsychologische Studie interessierst, dann empfehle ich dir den folgenden Artikel:

 

 

3.      “Who’s afraid of Virginia Woolf” Edward Albee (Theaterstück) Mike Nichols (Film)

Ich glaube, mir ist der Titel erstmals in einem Spielplan eines Theaters aufgefallen. Ich dachte, wenn ich mich jetzt schon so viel mit Virginia Woolf beschäftige, dann kann ich doch jetzt auch noch herausfinde, was der Titel tatsächlich mit der Schriftstellerin zu tun hat und habe mir den Film in der Videothek ausgeliehen.

Der Film ist aus den 1966er Jahren. Ich hatte anfänglich gedacht es sein ein Kammerspiel, aber da sie den einen Ort, das Haus der Protagonisten, verlassen, bin ich mir am Ende nicht sicher, ob man nun noch von einem Kammerspiel redet. Aber die Zeit ist nicht mehr da, um zu analysieren, wann die Grenzen eines Kammerspiels enden.

Der Inhalt ist schnell erzählt: Der Geschichtsprofessor George und seine Frau Martha kommen betrunken von einer Party nach Hause und haben ein junges Paar für einen letzten Absacker eingeladen. Die Zusammenkunft endet schnell in einer ikonischen Eheschlacht. Ich war fasziniert, wie obszön, vulgär und böse ein Film aus den 60er Jahren sein kann. Damit hatte ich nicht gerechnet.

Der Film ist unterteilt in drei Akte und zeigt tiefe menschliche Abgründe.

Neben dem Titel ist es wohl die Konfrontation mit den inneren Konflikten, die alle Themen dieses Newsletters verbinden. Meine eigenen Kämpfe eingeschlossen. Der Titel des Films spielt übrigens mit dem Titel des Kinderliedes „Who’s afraid of big bad wolf“. Als man Albee nach der Referenz des Titels fragte, sagte er nur: „Natürlich heißt „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“: „Wer hat Angst vor dem bösen Wolf“. Wer hat Angst davor, das Leben ohne Illusion zu leben?“

Das geht wahrscheinlich zurück aus Sigmunds Freud „Die Zukunft der Illusion“, mit dem Albee sich seinerzeit beschäftigte (und um hier nochmal einen Bogen zu spannen: Virginia Woolf verlegte damals Freuds Werke in ihrem eigenen Verlag). In diesem Werk, um es kurz zu machen, konstatiert Freud, wie die kindliche Hilflosigkeit aller Menschen im Angesicht des unausweichlichen Todes dazu führt, dass sie sich mit Illusionen Linderung verschaffen. Dies können natürlich bis zu einem gewissen Grad zum Selbstschutz dienen, wie es auch in dem Film geschieht. In dem die Protagonisten sich ihren Illusionen hingeben, können sie für einen kurzen Augenblick ihrer traurigen Realität aus dem Weg gehen. Allerdings muss man sich am Ende mit der Realität auseinandersetzen. So auch in „Who’s afraid of Virginia Woolf“.

 

Alle drei Kapitel dieses Essays beschäftigen sich damit auf die Suche nach sich selbst zu gehen. Auch wenn es zunächst den Anschein hat, sich in etwas zu flüchten, sei es die exzessive Feierei, in den anerkannten Konformismus oder die Flucht ins Innere seiner Selbst,  sei die einfachere Alternative; am Ende müssen wir uns damit auseinandersetzten, was uns quält und dieses ansprechen, angehen, anpacken. Am Ende wird alles gut.

 

Und hier spannt sich für mich auch der spannende Weg zum Yoga. Für mich bedeutet Yoga nicht die Asana Praxis. Das ist ein Teil, der mir gut tut, zugegebenermaßen. Aber Yoga ist für mich die Reise und Suche nach mir Selbst. Die Frage, was ist eigentlich das Selbst. Wer bin ich, wenn ich all meine Anhaftungen und Hüllen fallen lassen. Sich auf diesen Weg zu begeben, erfordert Mut und macht mir oft Angst. Aber jedes Mal, wenn ich mir einen Schritt näherkomme, fühle ich so viel Güte, Leichtigkeit und innere Ruhe, dass ich diesen Weg weitergehe. Auch wenn er oft steinig ist.

 

Ich hoffe, dass diese kleinen Essays dir unterschiedliche Wege aufweise, deinen Horizont zu erweitern. Es gibt so viele Möglichkeiten, mit sich selbst in Kontakt zu treten, über sich zu lernen. Und ich bin gespannt deine Gedanken, zu hören. Also schreibe gerne in den Kommentaren, was du denkst. Vielleicht hast du weitere Tipps oder Gedanken rund um das Thema Virginia Woolf und der Suche nach dem Selbst.

 

Deine Stefanie

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